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Wie Weiterbildung über Twitter gelingt

Es heißt einleitend: „Eine neue Studie der Universität Tübingen und der University of Michigan hat untersucht, inwieweit professionelle Fortbildung über Social Media möglich ist. Dazu wurden Lehrkräfte in Twitter-Communitys befragt und ihre Tweets ausgewertet.“

Wobei „professionelle Fortbildung“ hier nicht zwangsläufig organisierte Fortbildung heißt. Und befragt wurden Lehrerinnen und Lehrer der Fächer Biologie, Chemie und Physik in den USA. Dort ist die Nutzung sozialer Netzwerke wie Twitter schon viel weiter verbreitet als hierzulande. Was Christian Fischer (Universität Tübingen) hier berichtet, ahnte man als langjähriger Twitter-Nutzer natürlich schon. Aber es ist schön, die eigenen Erfahrungen auch einmal im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie bestätigt zu sehen.

Hier einige Ausschnitte aus dem Gespräch:
„Was haben Sie dabei festgestellt?
Die Lehrkräfte nutzen die Community vor allem, um Links zu Informationsquellen auszutauschen, curriculare Veränderungen zu besprechen und ihre Fragen zu stellen. …“

„Allerdings generieren nur etwa zehn Prozent der User neuen Content. Der größte Teil der Lehrkräfte nutzt also diesen Content, ohne selbst welchen einzubringen. …“

„Ich glaube, die Plattform [Twitter, JR] ist weniger wichtig als das Verhalten der Lehrkräfte auf diesen Plattformen. …“

Was ist der Vorteil von Social-Media-Kanälen gegenüber klassischen Weiterbildungsformaten?
Fortbildung über Social Media ist wesentlich direkter, und man bekommt Informationen immer zeitnah – also wenn man sie braucht. Außerdem ist die Struktur weniger hierarchisch. Weitere Vorteile sind, dass das Angebot kostenlos ist und dass der Austausch zu jeder Zeit, an jedem Ort möglich ist. Außerdem ist man hier schnell in einer fachspezifischen Community. Wenn es beispielsweise nur einen Physiklehrer an einer Schule gibt, hat er dort wenig Möglichkeiten, fachliche Probleme zu besprechen. Bei Twitter findet er sofort eine passende Community. …“

Durch die Corona-Pandemie konnten viele klassische Weiterbildungsformate gar nicht stattfinden. In welcher Weise hat das der Weiterbildung in sozialen Netzwerken einen Schub gegeben?
Die Corona-Krise hat gezeigt, wie notwendig digitale Weiterbildungsangebote sind. Wie stark der Wunsch nach Austausch in sozialen Netzwerken gestiegen ist, sieht man zum Beispiel an #twitterlehrerzimmer. Anfang des Jahres gab es hier ungefähr 10.000 Tweets pro Monat. In den ersten Monaten während der Corona-Krise waren es dann 20.000 bis 30.000 Tweets pro Monat. …“
Annette Kuhn, Interview mit Christian Fischer, Das Deutsche Schulportal, 7. September 2020

Bildquelle: MORAN (Unsplash)